Der Countdown läuft. Es ist nicht mehr lang bis zum ersten Taylor-Swift-Konzert in Deutschland. Und ich habe noch keine Ahnung, was ich anziehen soll… Über die Freude an Mode, die Begeisterung für Musik und den Weg zu meinem „Taylor-Outfit”.
Fotos: Clara Ziechner, Grafiken: Ella Papen
Ein Swiftie zu sein ist nicht immer leicht. Knobeleien um versteckte Botschaften, sogenannte Eastereggs, in Musikvideos und das stundenlange Verfolgen körniger Livestreams, die die Konzerte von Taylor Swifts The-Eras-Tour zeigen, fordern Ausdauer und Willenskraft. Fans begleiten die rekordebrechende Sängerin mit einer Hingabe, die ihresgleichen sucht. Im Gegenzug werden sie mit musikalischen und lyrischen Meisterwerken belohnt. Ich per- sönlich bin seit 2014 gefesselt von Taylors Musik, verfolge sie also seit der 1989-Ära. Jede Ära umfasst ein Album in Taylor Swifts Diskografie und zeichnet sich durch eigene Sounds, Looks und thematische Schwerpunkte aus. Als vor über einem Jahr bekanntgegeben wurde, dass sie in diesem Sommer auch in europäischen Städten auf Tour gehen wird, stand für mich fest: Ich muss sie sehen. Beim Ticketverkauf hatte ich Glück, und so darf ich mich derzeit sogar auf zwei Konzertbesuche freuen.
Die Warte- und Vorbereitungszeit besteht als Swiftie jedoch nicht aus Däumchendrehen – Freundschaftsarmbänder basteln sich schließlich nicht von selbst. Im Song You’re On Your Own, Kid fordert Taylor Swift ihre Hörer*innen metaphorisch dazu auf, die schönen Momente im Leben voll auszukosten, und spielt auf ihre beinahe freundschaftliche Verbindung zu den Fans an. Als Hommage ist das Tauschen selbstgemachter Armbändchen auf ihren Konzerten so zu einer liebenswürdigen Tradition geworden. Selbstverständlich gehören Freundschaftsarmbänder am Ende also zum Look auf der Eras-Tour dazu, aber woraus genau soll mein eigentliches Outfit bestehen? Es ist ganz klar, dass dem Konzert-Outfit (für mich) ein ganz besonderer Stellenwert zukommt, schließlich bietet dieser Rahmen doch die besten Voraussetzungen für kreatives Ausleben und den Ausdruck der Freude an Mode. Der Weg dahin ist jedoch nicht ganz leicht.
Gedankenchaos
Hiiilfeeeeee. Seit fast einem Jahr warte ich auf das Näherkommen der Konzerttermine und kann es gar nicht abwarten, Taylor Swift endlich live zu sehen. Wider Erwarten verging die Zeit dann doch recht schnell – zwischen neuen Alben, Überraschungsfeatures und der stetigen Surprise-Song-Spannung. Und so stehe ich auch im Juni noch vor allerlei Fragezeichen rund um meine Outfitplanung. Es tut mir leid für alle größeren und kleineren Feierlichkeiten in 2024, aber ich bin felsenfest davon überzeugt, dass meine beiden Eras-Konzertbesuche die besten Tage in diesem Jahr markieren werden. Mit Abstand. Und vielleicht sogar für immer. In meiner persönlichen Life-Goals-Liste wüsste ich nicht viele Dinge, die „dieselbe Luft wie Taylor atmen” und „mit 70.000 anderen Menschen das zehnminütige All Too Well zum Besten geben” toppen würden.
Deshalb ist mir besonders wichtig, wie sich mein Look an diesen Tagen zusammensetzen wird. Und natürlich eröffnet mir ein Event dieses Ausmaßes unzählige Möglichkeiten, mein Outfit zu gestalten. Alles darf, nichts muss; das ist die Devise. Die Qual der Wahl überfordert mich leider trotzdem ein bisschen, und ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Orientiere ich mich an der Ästhetik einer der elf musikalischen Ären, style ich einen der Looks nach, die Taylor in den vergangenen Jahren auf dem roten Teppich getragen hat, oder haue ich einfach so richtig auf die Kacke und trage genau die Stücke, die mir den Rest des Jahres zu schade sind?
Bunt, Glitzer, Cowgirlstiefel oder Federboa; und: Gibt es ein Zuviel?
Bereits auf den Konzerten von Taylors Kollegen Harry Styles haben wir gesehen, wie Mode ihren Beitrag dazu leisten kann, das Leben, die Liebe und die Musik zu feiern. Bei seinen Love-On-Tour-Auftritten entstand dank kreativer Fans eine Ästhetik der Farbenfreude und ein magischer Wohlfühlraum für alle. Es hat Spaß gemacht zu sehen, was sich die Konzertbesucher*innen Woche für Woche einfallen lassen haben, um auszudrücken, wie sehr sie Harrys Musik und ihr geteiltes Fandasein genießen. Pailletten, Colourblocking, Cowboyhüte, auffällige Muster und natürlich die Federboa, die auch das ein oder andere Outfit des Sängers auf der Bühne zierte, sind nur einige der Motive, die in den Outfits der Fans immer wiederkehrten.
Auf Instagram und Tiktok zeigt sich, dass auch Swifties einen derartigen, ausdrucksstarken Stil in der Wahl ihrer Looks ausleben. Nicht selten orientieren sie sich dabei an den Outfits, die Taylor auf der Bühne trägt, beispielsweise mit Glitzer-Bodys, auf die jeder Stein einzeln aufgeklebt wird. Es ist beeindruckend zu sehen, mit welcher Leidenschaft Kleidungsstücke selbst verziert oder bemalt werden, um ganz einzigartige Teile zu schaffen – die dann teilweise nur an einem einzigen Abend getragen werden. Auch Stylings, die Taylor bei Auftritten auf dem roten Teppich präsentiert hat, dienen als Vorlage. Beispielsweise der kultige Look, den sie 2018 bei den American Music Awards anhatte. Zu einem hautengen kurzen Kleid kombinierte sie Stiefel, die bis zum Oberschenkel reichten – und sah dank tausender Pailletten von oben bis unten aus wie eine Diskokugel (engl. mirrorball, wie der Titel einer der Songs im Album folklore lautet). Besonders komfortabel dürfte dieses Outfit nicht gewesen sein, iconic war es aber allemal.
Was ich daraus mache
Da meine Alltagskleidung alles andere als farbenfroh-funkelnd ist, müssen definitiv ein paar neue Teile bei mir einziehen, damit ich ein Taylor-taugliches Outfit aufweisen kann. Um mir etwas Inspiration zu verschaffen und nebenbei wenigstens ein bisschen nachhaltig zu sein, habe ich also erst mal die Second-Hand-Plattform meines Vertrauens, Vinted, durchforstet. Unter den Suchbegriffen „Party Glitzer” und „Taylor Swift” machte ich also eine Bestandsaufnahme und war sofort begeistert von dem, was mir da geboten wurde. Tops oder Blazer in Pink, Jeansjacken mit Fransen und jede Menge Glitzer – das sah richtig gut aus. Schnell habe ich mir Teile abgespeichert und dabei langsam angefangen, darauf zu achten, was ich eventuell miteinander kombinieren könnte.
Neben einem komplett grün glitzernden Kleid gerieten mir nach und nach immer mehr Teile in Silber in den Blick. Diese Stücke weckten in mir die Erinnerung an Taylors oben erwähnten AMA-Look, den ich schon immer legendär fand. Eines Tages müssen sich dann alle Himmelskörper in genau der passenden Ausrichtung befunden haben, denn: Mir wurde ein Top angezeigt, das genau wie Taylors Kleid einen kleinen Stehkragen und lange Ärmel hat und über und über silber glitzert. Bingo. Natürlich habe ich nicht lange gefackelt, sondern die damalige Besitzerin direkt angeschrieben. Zum Glück war das Top noch verfügbar und wurde mir gern überlassen. Als ich es dann endlich in Händen hielt, passte es mir auch noch genau richtig. Bingo Nummer zwei.
Nach diesem ersten Glücksgriff war ich hooked und voller Motivation, den Look weiter zum Leben zu erwecken. Leicht abgewandelt allerdings – einen Rock zu finden, der so exakt zum Oberteil passt, dass eine Optik wie bei Taylors Kleid entsteht, erschien mir unrealistisch. Außerdem sollte das Outfit am Ende doch noch ein bisschen bequem bleiben.
Ein weiteres Stück, das quasi nur aus Pailletten besteht, war für mich daher keine Option. Was mir auf Vinted jedoch auch öfter mal begegnete, waren schwarze Röcke mit silberfarbenen Details. Meine Wahl fiel auf einen schlichten Minirock, der als Hingucker silberne Glitzerfransen hatte. Dazu kam mir die Vision, den Rock mit Aufnähern oder Strasssteinen selbst aufzupimpen – so, wie ich es auch bei anderen Swifties oft auf Instagram gesehen hatte. So veränderte sich die Ästhetik meines Outfits, das gerade entstand. Statt mich voll in eine Diskokugel zu verwandeln, geht der Look mit der Verzierung des Rocks und sternförmigen Ohrringen in eine etwas elegantere, mystischere Richtung. Auch diesen Stil hat man an Taylor schon gesehen, und zwar während ihrer Midnights-Ära. Zu Presseterminen und Preisverleihungen rund um ihr zehntes Studioalbum trug sie beispielsweise Dunkelblau- und Schwarztöne, Samt und Glitzer.
Mit der Verbindung dieser beiden Teile war ich sehr glücklich: Sie passen optisch gut zusammen und sind bequem genug, um darin im Juli und August zu Taylor abzutanzen. Und der Look ist einmalig, weil ich meine persönliche kreative Schaffenskraft reingesteckt habe. Der Weg zu meinem „Taylor-Outfit” hat mir die Zeit bis zum Konzert also auf alle Fälle versüßt, und die Teile werden mich hoffentlich für alle Zeiten an die Freude erinnern, die ich bei den Konzerten mit all den anderen Swifties teilen werde.
Info:
Wer ist Taylor Swift? …oder eher: Was ist Taylor Swift?
Menschlich kann sie eindeutig nicht sein, führt man sich ihre Errungenschaften und schier endlosen Ergüsse schöpferischer Genialität vor Augen. Auf welche Reise uns diese Frau insbesondere in den letzten Jahren mitgenommen hat, ist schlichtweg Wahnsinn. Allein seit 2021 hat sie zwei neue und vier neu aufgenommene Alben veröffentlicht, ist mit ihrem Eras-Tourprogramm bereits um die ganze Welt gereist, hat einen Kinofilm darüber produziert und arbeitet bekanntlich unterdessen bereits an der Veröffentlichung von Re-Record Nummer fünf und sechs. Um einmal die Dimensionen ihres Jobs zu verdeutlichen: Für die Eras-Tour-Konzerte steht sie zeitweise mehrmals wöchentlich für mindestens dreieinhalb Stunden auf der Bühne und performt über 40 Songs – und das schon seit März 2023. Ihr neuestes Studioalbum umfasst sage und schreibe 31 Songs. Mind = blown.
Die Verbindung zwischen Taylor Swift und ihren Fans ist eine ganz besondere. Ihre Karriere begann 2006, so machte sie mit den Swifties einige Lebensphasen und Meilensteine durch. Spendet Trost, teilt Gründe, gemeinsam wütend zu werden und liefert die musikalische Grundlage für nicht wenige Heiratsanträge (dank ihres Songs Love Story). Obwohl im Musikbusiness bereits ein alter Hase, scheint sie derzeit nur immer beeindruckender, beliebter und bedeutender zu werden. Mit der Eras-Tour erreicht ihr Ruhm derzeit seinen (anhaltenden) Höhepunkt und versetzt ihre Fans nachhaltig in Jubelstimmung.
Die Autorin:
Clara Ziechner (sie/ihr) begeistert sich für spontane Komplimente auf der Straße, Spieleabende und Bücher.